Fanafillah-Frühlingsbrief 2021
Liebe Leserin, lieber Leser
das ist unser Frühlingsbrief im März 2021 – ein Rückkehrergruss nach sechs langen Wochen mit geschlossenen Türen. Mit hoffnungsfrohen Gedanken und guten Vorsätzen, Vogelzwitscherdingern und duftendem Alkohol, praktischen Kürbissen und ledernen Pantoffelschuhen, Reise- und Ramadandaten sowie Sammelgut aus dem WWWunderland.
Herzlichen Dank für Ihre moralische und tatkräftige Unterstützung während des Lockdowns, für alle aufmunternden Mails und Pick-up-Bestellungen. Wir sind glücklich, dass wir Sie jetzt – mit der gebotenen Vorsicht – wieder in unseren Laden begrüssen dürfen, und freuen uns auf Ihren Besuch.
Lilafarbene Blütenpracht und frohes Vogelgezwitscher wünschen Ihnen
von Herzen
Christina Ochsner Çanak und Necati Çanak
Frühlingsglaube
Die linden Lüfte sind erwacht,
sie säuseln und wehen Tag und Nacht,
sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
man weiss nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.
Ludwig Uhland (1787-1862)
Vogelzwitscherdinger
Mit diesen bunten Pfeifchen kann man zwitschern wie ein Vögelchen. Einfach etwas Wasser einfüllen und liebevoll reinblasen (>so gehts). Die sich so verändernden Luft- und Wassersäulen erzeugen einen täuschend echten Natursound. Stimmen Sie ein den Frühlings-Chor von Amseln und anderen Piepmätzen oder verschenken Sie die Trillerfreude an jemanden ohne Vogelnachbarschaft.
Kosten tun die Zwitscherdinger Fr. 5.--. Wir kaufen sie jeweils Istanbuler Strassenhändlern ab, die immer begeistert sind, dass wir so viele nehmen. Weil sie meist ohne Gewerbeschein verkaufen und zu Demonstrationszwecken ständig auf den Flötchen trällern müssen, setzen sie sich nämlich dem Risiko aus, dass sie auch jemand von der Marktpolizei hört.
Einkaufsreisenrätsel
Ob wir unsere Frühlingsreise wie geplant durchführen können, steht noch in den Sternen bzw. im Kaffeesatz. Sehen Sie auch Minarette, Tulpen oder Fatimahände, also eine sichere Fahrt in den blühenden Orient unserer Träume?
Falls keine unwägbaren neuen Risiken oder unerfüllbaren Massnahmen aufpoppen, werden wir vom Donnerstag, 20. Mai, bis und mit Montag, 7. Juni 2021, in Istanbul und Anatolien nach neuen Produkten suchen, Fehlendes ergänzen, Händlerfreunde und Familie besuchen. Der Laden wäre in diesen zweieinhalb Wochen geschlossen. Den aktuellen Stand erfahren Sie unter >Spezielle Öffnungszeiten.
Bilder und Erinnerungen aus zweieinhalb ungewöhnlichen Einkaufswochen im Herbst finden Sie in unserer neuen >Fotogalerie: Einkauf Herbst 2020. Ebenso hatten wir Fotos und Videos auf unserem Instagram-Account gepostet. Sie finden ihn unter >www.instagram.com/fanafillah_zurich bzw. @fanafillah_zurich.
Apropos Kaffee und Istanbul: Unser beliebter >Kaffee der Marke «Ihsan Kurukahvecioglu» war im alten Jahr schneller ausverkauft als gedacht. Einfach online bei der traditionellen Rösterei bestellen lässt sich das köstliche Pulver allerdings nicht. Drum sind wir unserer jungen Freundin Cansu doppelt dankbar, dass sie uns kürzlich direkt in Istanbul ein paar Päckli gekauft und mitgebracht hat. Damit möglichst viele Kundinnen und Kunden davon profitieren können, verkaufen wir zurzeit pro Person nicht mehr als zwei Stück.
Frühlingsvorsatzpläne
Den Vögeln zuhören. Ein paar bienenfreundliche Blumen pflanzen. Dem Lieblingsmenschen einen Brief schreiben. In der Sonne sitzen und ein Lied singen. Mit Gummistiefeln in Pfützen hopsen. Auf dem Markt einkaufen. Auch unter der Maske freundlich lächeln. In Bewegung bleiben. Kleider reparieren statt neu kaufen, z.B. >so. Hände waschen. Auf bessere Tage hoffen. Oder den neuen Alltag akzeptieren.
Desinfektionskolonyaparfüm
Dazu brauchte es nicht erst eine Corona-Pandemie: Seit fast 140 Jahren schon benutzt die türkische Bevölkerung Alkohol, um die Hände zu desinfizieren. Und das kam so:
Der osmanische Sultan Abdülhamid II. begann gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus Europa Eau de Cologne zu importieren – ein Duftwasser aus Ethanol, destilliertem Wasser, Zitrusfrüchten und Kräutern, 1709 erfunden vom italienischen Parfümeur Johann Maria Farina und nach seiner Wahlheimatstadt Köln benannt. Abdülhamids Leibarzt erkannte die reinigende Wirkung des Eau de Cologne bei Bakterien und schlug dem Sultan vor, es im Land produzieren zu lassen und der Bevölkerung zu Hygienezwecken zugänglich zu machen. 1882 gründete Ahmet Faruki Bey die erste ıtriyat fabrikası (Parfümfabrik) des Osmanischen Reiches und begann mit der Herstellung. Die Bevölkerung nannte das Duftwasser Odikolon, später wurde die Bezeichnung Kolonya eingeführt.
Kolonya gehört zum türkischen Alltag wie kaum etwas anderes. Es wird zu Hause, in Restaurants oder im Bus zur Reinigung angeboten, nach der Rasur aufgetragen, bei Schwächeanfällen unter die Nase gehalten, im Sommer zur Erfrischung benutzt oder als günstiger Parfümersatz versprüht (Kolonya enthält nur drei bis fünf Prozent Duftanteil). Nachdem türkische Ärzte letztes Jahr bestätigten, dass der Alkoholgehalt von 70-80 Prozent auch Coronaviren den Garaus macht, stiegen die Verkäufe (und teilweise auch die Preise) in schwindelerregende Höhen.
Gut 200 Duftnoten sollen in Umlauf sein, und es werden immer mehr, produziert von Dutzenden bekannten und weniger bekannten Marken. Klassisches Kolonya duftet nach Zitrone, Lavendel oder Rose. Daneben gibts unzählige weitere Blumen-, Gewürz- und Kräutervarianten und abenteuerliche Kreationen wie bei den teureren Parfüms. Wir verkaufen seit kurzem praktische Sprühfläschchen für Fr. 6.– der Kultmarke Rebul, die seit 1895 für ihre Qualität bekannt ist: den Klassiker Lavendel, dazu Mandarine, Bouqet, Ice, Dark Spice und Aqua. Den Lavendelduft gibts auch in grösseren Flaschen. Daneben führen wir nach wie vor das Eau de Cologne «Amber» von Eyüp Sabri Tuncer – das aber zur Handdesinfektion definitiv zu schade ist.
Baderubbelputzschwamm
Sind Sie bereit für den Frühlingsputz? Eine natürliche Alternative zu Schaumstoffschwämmen sind Luffaschwämme. Sie eignen sich ideal zum kratzfreien Scheuern auf allen Oberflächen in Küche und Haushalt. Und wenn Sie sich vor dem Putzen ein Stück von Ihrem Luffa abschneiden, können Sie dieses nach dem Putzen im entspannenden Badewasser für ein Körperpeeling benutzen.
Wir haben zu Hause alle unsere Schaumstoffschwämme durch Luffaschwämme ersetzt, waschen z.B. unser Geschirr mit ihnen (und >Olivenölseife) oder seifen uns unter der Dusche ein. Luffas müffeln weniger, trocknen schneller und scheinen uns länger haltbar. Zudem lösen sich beim Benutzen keine umweltschädigenden (Mikroplastik-)Partikel wie bei den künstlichen Schwämmen. Hat der Luffaschwamm dennoch eines Tages ausgedient, können Sie ihn problemlos kompostieren.
Luffaschwämme kommen nicht aus dem Meer, sondern sind das drahtig-elastische Fasergerüst einer Kürbisart. Produziert werden unsere Luffas in Hatay und Antakya im Südosten der Türkei. Mit etwas Glück und in warmem Klima kann man den praktischen Kürbis auch selber anbauen. Samen erhalten Sie z.B. über >www.saemereien.ch. Die amerikanische Stadtgärtnerin Kaye Kittrell erzählt über ihre Erfahrungen im Video >How to grow Loofa.
Wir verkaufen Luffa in grossen Stücken zu Fr. 4.–, gepresst oder in der naturbelassenen zylindrischen Form. Die Stücke lassen sich so, wie sie sind, verwenden oder mit einem Brotmesser oder einer Schere für den weiteren Gebrauch zurechtschneiden. Mehr Informationen über Herkunft, Verwendung und Pflege des Luffaschwammes finden Sie in unserem Artikel >Luffa.
PS: >Hauswände aus Luffagurken bauen, das ist das Ziel des spannenden Projekts von Elsa Zaldivar in Paraguay. Hier werden Luffas als Badeschwämme angebaut und in alle Welt verkauft. Aus den faserreichen Überresten, rezykliertem Plastikmüll, Jute-Gewebe und Klebstoff, sollen im holzarmen Land isolierende Platten als Wandverkleidung produziert werden.
Frühlingswwwunderland
Internet und Instagram halten unzählige Schätze bereit für Kulturjägerinnen und Wissenssammler. Hier teilen wir mit Ihnen unsere wundersamen Fundstücke:
>Cosmo Sheldrake sammelt Töne und Geräusche, wo immer sie ihm begegnen. Dann vervielfältigt und kombiniert er sie zu bisher Ungehörtem. Besonders zauberhaft: sein neustes Album >«Wake up calls», zusammengestellt aus Zwitschermelodien bedrohter Vögel in England. Für den >«Evening chorus» zieht der liebenswerte Bursche dann mit Wägeli, Bügelbrett und Elektronik in den Wald und schenkt seine Musik der Natur zurück.
>Vogelstimmen im Frühling und wunderschöne Naturaufnahmen hält dieses 20-minütige Video bereit. Die erwartungsfrohe Betriebsamkeit zu Wasser und zu Land wirkt ansteckend.
>11 Tipps und Tricks für den Frühlingsputz verrät Nadia, die Lifehackerin: einfach, günstig, umweltfreundlich. Fachhauswirtschafterin Heike Pietsch erklärt die Kunst des Putzens und hat weitere >Haushalttipps vom Profi.
>Gemüseabfall einpflanzen statt wegwerfen – und noch einmal ernten. Wie das schon im Frühling und auch ohne Garten funktioniert, zB. mit Lauch, Salat, Frühlingszwiebeln, Rüebli oder Knoblauch, das zeigt dieses Video. Man beachte den brütenden Kater.
>Flasche rein, Futter raus: So funktionieren Istanbuls «Mamamatik»-Recyclingcontainer, die mehr können, als Flaschen und Dosen schlucken. Wer oben Rezyklierbares reinwirft, löst einen Mechanismus aus, der unten für die vielen Strassentiere kontrolliertes, sauberes Futter und Wasser ausgibt.
>Horizonte, das Schweizer Forschungsmagazin, überrascht immer wieder mit neuen Erkenntnissen und Entdeckungen: schmeckende Krakenarme, mitwachsende Gefässprothesen in Babyherzchen, Massenproduktion von Steinzeitwerkzeugen oder Restauration von verklumpten Mumienstrümpfen. Sie lesen lieber Print? Horizonte gibt es vier Mal pro Jahr auch als Heft im >kostenlosen Abo.
Lederschuhbabouches
Diese weichen Babouches gehören zu den Produkten, die exklusiv für Fanafillah hergestellt werden – auf unseren speziellen Wunsch hin und in enger Zusammenarbeit mit den Handwerkern. Sie entstehen in der kleinen Werkstatt unserer Pantoffelmacher Muammer und Mustafa, mitten im Schuhmacherviertel des Industriegeländes vor den Toren Konyas. Den ersten Einkaufstag in Anatolien nutzen wir meist dafür, die verschiedenfarbigen Glatt- und Wildleder auszusuchen und die Anzahl der einzelnen Schuhnummern zu bestimmen. Und natürlich dafür, mit den beiden Brüdern und ihrem Vater Tee zu trinken und zu fachsimpeln. Dann werden die Leder mit Schablonen gestanzt, zu Babouches zusammengesetzt, mit Lederfutter versehen, über eigens hergestellte Leisten gezogen, mit Ledersohlen bestückt und mit Sorgfalt fertig genäht. Zwei Wochen später können wir dann jeweils noch in Istanbul die fertigen Lederpantoffeln für den Transport in Empfang nehmen.
Wie es überhaupt dazu kam, dass «marokkanische» Lederslipper in Anatolien produziert werden, lesen Sie im Artikel >Babouches. Wir verkaufen das Paar für Fr. 75.– in den Grössen 38, 40, 42, 44 und 46. Die Babouches eignen sich sowohl als elegante Pantoffeln wie auch als bequeme Schuhe für draussen an trockenen, warmen Tagen.
Ramadaneinkehr
Der Fastenmonat Ramadan dauert dieses Jahr vom 13. April bis zum 12. Mai. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang verzichten Musliminnen und Muslime in der ganzen Welt auf Essen, Trinken, Geschlechtsverkehr, Rauchen, böse Gedanken und Äusserungen. Das Fasten soll die Seele reinigen, den Geist und die Selbstkontrolle stärken sowie das Mitgefühl für Hungernde vergrössern. Es ist ein Monat der Enthaltsamkeit und der Einkehr, des Zusammenseins und der Verbundenheit. In den Zeiten vor der Pandemie begingen auf Strassen und Plätzen im ganzen Land jeweils Hunderte bis Zehntausende von Menschen gemeinsam das allabendliche Fastenbrechen >Iftar 2019, >Iftar 2013, entweder mit einem Picknick oder eingeladen von sponsernden Gemeindeverwaltungen, Vereinen und Firmen. Corona hat leider auch dieser schönen Tradition einen vorläufigen Riegel geschoben.
Das zeitweise Weglassen von Mahlzeiten ist übrigens gesünder als man denkt. Einen interesssanten Artikel zum so genannten >intermittierenden Fasten finden Sie im Gesundheitsteil des Beobachters. Mehr zum Ramadan und anderen islamischen Feiertagen lesen Sie in unserem >Artikel. Das dreitägige Fest zum Abschluss des Ramadans wird 2021 vom 13. bis zum 15. Mai gefeiert. Hayırlı bayramlar!
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